Text und Recherche von Jörg Peter

 

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Entwicklung des Bogenschießen beim Militär über die Zeit

Der Bogenschütze beim Militär im mittelalterlichen Europa

Warum wurde kein Pfeilköcher im Militär genutzt?

Entwicklung des Bogenschießens in anderen Ländern

Das Ende der Bogenschützenära

Das Vermächtnis der Bogenschützen

 

Vorwort

Das Thema "Bogenschützen und deren militärischen Einsatz im Mittelalter" wird sehr häufig diskutiert. Es gibt kaum einen Mittelaltermarkt, auf dem nicht ein Bogenschießstand oder wenigstens einer der Besucher mit einem geschulterten Bogen zu sehen ist. Diese grobe Zusammenfassung soll einfach ein wenig mehr die Zusammenhänge in die meist einseitigen Ansichten aufzeigen. Ich habe versucht dieses Thema aus möglichst vielen Blickwinkeln zu sehen und es möglichst ohne Fachausdrücke zu beschreiben.

Nun, leider liegt das erste Problem bei der Bestimmung wie es im "Mittelalter" gewesen sein könnte (ich nehme gerne diesen Begriff "könnte", da keiner von uns dort war) in der Definition "Mittelalter". In den Büchern wird die Zeit von ca.500 bis 1500 n.Chr. als Mittelalter bezeichnet. Das sind 1000 Jahre voll Entwicklungen, seitens Technik wie auch auf Sozialverhalten und Einflüssen wie Ehrgefühl und Religion. Ja, auch Religionen spielten da eine gewisse Rolle, dazu aber später noch einmal. Auch die oft gestellte Gliederung in Früh- Hoch- und Spätmittelalter ist streckenweise recht ungenau und verschwimmt bei genauerer Betrachtung.

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Entwicklung des Bogenschießen beim Militär über die Zeit

Aber nun zum Thema: Schon in der Antike spielten die Bogenschützen eine wichtige Rolle in der Kriegsführung. Sie waren oft Teil einer Taktik um in der Schlacht siegreich zu sein. Ich betone auch gerne, dass sie ein Teil einer Taktik sind, denn Bogenschützen allein gegen eine gleich mannstarke Einheit der Infanterie auf freiem Felde würden schnell aufgerieben werden. Auf freiem Feld bedarf es immer Einheiten oder Hindernisse, die die Bogenschützen decken können und Zeit verschaffen um einen neuen Pfeil aufzulegen. Es musste folglich stets darauf geachtet werden, dass die Bogenschützen entweder durch eigene Einheiten oder durch örtliche Gegebenheiten geschützt werden. Im 100 Jährigen Krieg gingen die englischen Bogenschützen dazu über sich hinter selbst eingehauene und angespitzte Pflöcke zu positionieren. Dies verhinderte, dass die französische Reiterei die fast nicht gepanzerten Bogenschützen überrennen konnten.

Gleich zu welcher Zeit, von Antike über Frühmittelalter bis hin zum Spätmittelalter waren Bogenschützen stets sehr gut ausgebildete Kampfeinheiten mit Hightech Waffen der jeweiligen Epoche. Die Leistung der Bögen von damals wird heute nur noch zum Teil, und dann meist mit Fiberglas oder Karbon, erreicht. Viele Bogenbauer, die sich schon seit mehreren Jahren mit der Rekonstruktion von mittelalterlichen Bögen beschäftigen bestätigen diese Feststellung immer wieder. Leistung bezeichnet aber hier nicht nur die Zugkraft sondern auch die Abschussgeschwindigkeit, Gewicht, Leistung bei feuchter oder trockener Luft, hoher oder niedriger Temperatur. Das Wissen um Behandlung, Bearbeitung, und Formgebung war immens. Zu Kriegszeiten kann man schon von einer gewissen Serienproduktion von Bögen sprechen und das in einer recht gleichbleibend hoher Qualität. Es wurde auch belegt dass die damaliger Bogenbauer wenn er geübt und erfahren war, einen Bogen in nur 2 bis 3 Stunden herstellen konnte.

Beim Übergang von der Antike zum Frühmittelalter verlor der Bogen in Europa an militärischem Einfluss. Bei den germanischen und keltischen Stämmen galt diese Waffe eher als Jagdgerät. Vor allem bei Stämmen mit keltischem Einfluss war es unehrenhaft einen Gegner nicht im direkten Zweikampf zu besiegen. Diese Ansicht war sehr stark bei den Franken verbreitet und verstärkte sich sogar noch mit der Zeit. Anders bei den nordischen Völkern, den Reiterstämmen in Asien oder den Stämmen des heutigen nahen Osten. Dort wurde dem Bogen immer noch eine wichtige taktische Rolle eingeräumt.

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Der Bogenschütze beim Militär im mittelalterlichen Europa

Nun sind wir auch schon bei den örtlichen Gegebenheiten. Im mittelalterlichen Europa war Holz keine Mangelware. Auch war die Auswahl an Holzarten riesig. So wundert es auch nicht, dass als Resultat dieses Überschusses der Langbogen, der aus einem Stück hergestellt wird, entwickelt worden ist. Trotz seiner doch einfachen Form besitzt auch er sehr viel Know-how. Die Zugkraft wird über das Holz und die sehr langen Wurfarme erreicht. Im Idealfall ist am Bogenrücken, das ist die äussere Seite des Bogens, das junge und elastische Holz des Baumes. Das Bogeninnere wurde aus dem harten Kernholz des Baumes genommen. Dieses lässt sich nur schwer zusammen stauchen und drückt den Bogen somit wieder in die gerade Form.

Da in Europa die Bogenschützen zwar beritten waren, dies aber eher wegen der Mobilität bei Feldzügen galt, aber nicht vom Pferd aus schossen, störten die langen Wurfarme auch nicht und so blieb es im grossem und ganzem auch bei diesem Prinzip.

Die Ersten, die diese Waffe wieder verstärkt für ihre Zwecke einsetzen, waren die Wikinger. Durch den gezielten Einsatz von Pfeil und Bogen wurden die Gegner schon vor dem eigentlichen Kontakt durch die Geschosse versprengt und reduziert. Wenn die Distanz dann überbrückt worden war, wurde der Bogen abgelegt und mit Schwert, Schild, Speer und Axt weiter gekämpft. Trotz der Erfolge und dem Einsatz von Bögen in den eigenen Reihen wurde diese Waffe von dem restlichen europäischen Adel nur zur Jagd verwendet. Sie war aus der Sicht der Obrigkeit nicht ritterlich da man sich mit ihr keinen ehrlichen Zweikampf stellte und gehört somit zum gemeinen Volk.

Diese verheerende Einstellung war in den zahlreichen Niederlagen im 100 jährigen Krieg zu sehen. Sehr markant ist hierbei die Schlacht von Crécy. Dort kämpften 12.000 Normanen davon 8.000 Walisische Bogenschützen gegen ein französisches Heer von 30.000 bis 40.000 Mannstäke. Fast die Hälfte der französischen Armee wurde getötet oder verwundet wobei nur ca. 1.000 Normanen ihr Leben verloren.

Die normannischen Herren wussten um die Vorteile der Bogenschützen und förderten ihre Ausbildung. So wurden die waffentauglichen Männer nicht nur von der sonntäglichen Gottesdienstpflicht befreit wenn sie sich am Bogen übten, die Kirche musste auch für die Zielscheiben aus Stroh aufkommen. Das Bogenschiessen wurde in England durch Turniere und der ständigen Allgegenwärtigkeit zum Volkssport erhoben. Die Ziele bei solchen Turnieren waren bis zu 200 Schritte weit entfernt. Das Wissen um das Bogenschiessen wurde vom Vater zum Sohn weitergegeben und die Ausbildung zu einem richtigen Schützen dauerte ein ganzes Leben. Es gibt Knochenfunde in England und Frankreich die deutlich auf eine Spezialisierung von Bogenschützen hinweisen. Bei zahlreichen Skelettfunden wurden Verformungen der Schultergelenke festgestellt, was eindeutig auf die immense Kraftanstrengung und Belastung des Schützen hinweist. Zum Schiessen, das sollte noch gesagt werden, wurde damals schon wie heute die Sehne und nicht der Pfeil gehalten. Wahlweise mit zwei oder drei Fingern.

Die Leistung der damaligen Bogenschützen war unvergleichbar. Nicht nur die körperliche Belastung sondern auch das Geschick und die Ausdauer müssen erwähnt werden. So wurde damals gesagt: "Ein Bogenschütze taugen nichts wenn er sein Ziel auf 200 Schritt nicht trifft". Das Geschick spielte auch bei der Schussfrequenz eine große Rolle. Von der Schlacht bei Crécy sagt man, dass 6 Pfeile pro Minute von den Bogenschützen abgeschossen wurden und das, so wird gesagt, über Stunden. Dies bringt mich auch schon auf die nächste Frage.

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Warum wurde kein Pfeilköcher beim Militär genutzt?

Oft wird behauptet, dass der Pfeilköcher im "Mittelalter" noch nicht erfunden war. Wie man an zahlreichen Ausgrabungen, unser Freund Ötzi ist da ein berühmter Vertreter, beweisen kann, gab es den Pfeilköcher sehr wohl und das schon viel früher. Der Köcher wurde in Europa nur nicht militärisch verwendet.

Aber warum dies Entwicklung? Jeder der schon einmal an der Scheibe war kennt die Vorteile. Nun als erstes muss man wissen wie die Schlachtordnungen auf dem Feld aussahen. Im Europa des Mittelalters war die Kriegsführung immer noch stark nach dem römischen Vorbild gegliedert. Feste Einheiten die zusammen agierten und wirkten. Diese Trennung wurde durch den sozialen Aspekt der Stände noch verstärkt. In diesem Zuge wurden die Bogenschützen gerne in Blöcken an den Flanken aufgestellt und, wie schon zuvor erwähnt, meist durch einige Infanteristen geschützt. Je nach Situation hieß es dann: Bogenschützen nach vorne, Schießen! Und wenn der Feind zu nah kam wieder hinter die eigenen Truppen zurück ziehen und weiter Schießen. 100 Schritt vor, 100 Schritt zurück und vielleicht dann und wann einschwenken. Sie wurden im Verhältnis zur Reiterei und Infanterie selten und nur langsam bewegt. Trotz der Unbeweglichkeit konnten sie durch ihre Reichweite und Können sehr gezielt eingesetzt werden. Mittels Pfeilhagel konnten einzelne Abschnitte unter Beschuss genommen und den Feind dezimiert oder zurückgedrängt werden, ja sogar gesteuert werden.

Erst Mitte des Hundertjährigen Krieges gingen die Engländer dazu über die Einheiten mehr miteinander wirken zu lassen. Es wurden gemeinsame Vorgehensweisen und Taktiken geübt. Es wurden auch zeitweise 2 bis 3 Bogenschützen einem Ritter zugeordnet.

Warum dieses Wissen so wichtig ist kommt nun: Obwohl sie langsam bewegt wurden, war die Schussfrequenz mit bis zu 6 Pfeilen pro Minute (Durchschnitt dürfte eher bei 3 Pfeile pro Minute gewesen sein) gewaltig. In einen Pfeilköcher passen aber nur ca. 24 bis 30 Pfeile. Das heißt, der Köcher wäre nach 4 bis 5 Minuten leer gewesen. Eine Schlacht ging aber über mehrere Stunden. Der Köcher müsste folglich aufgefüllt werden. Wenn nun eine Kompanie, ca. 100 bis 200 Bogenschützen, gleichzeitig den Köcher füllen müssten, würde erst mal gar nichts gehen. Also hat man dieses Medium gleich weggelassen. Modern ausgedrückt könnte man sagen, dass die Logistik zentralisiert wurde um die großen Mengen an Munition (bis zu 6 Pfeile Pro Minute bei nur 200 Mann sind 1200 Pfeile in der Minute) schnellst möglich zum Schützen zu bekommen. Die Pfeile wurden gebündelt in speziellen Säcken transportiert und gelagert. Die Pfeile wurden in Pfeilscheiben geschoben, die verhinderten dass die Federn zerdrückt wurden und die Flugbahn ungenau wurde und anschließend in die Pfeilsäcke, oder auch Hüftköcher benannt, verstaut. Die Pfeile wurden auf Karren gelagert und von Leibeigenen oder Kriegsknechten während einer Schlacht verteilt. Der Bogenschütze konnte sich nun aufs Schießen konzentriere und seine Stellung in der Formation beibehalten. Einen Beutel hatte ein jeder Schütze in den Gürtel gesteckt. Der Vorteil dieser Trageart ist, dass die Pfeile durch den Gürtel immer recht eng am Körper gehalten wurden und so auch nicht heraus fielen. Oft wurden auch Pfeile in den Boden gesteckt. So konnten Pfeilgruppen mit verschiedenen Spitzen griffbereit gehalten werden um größtmöglichen Schaden beim Feind zu erzielen. Ungepanzerte konnte man schneller mit anderen Spitzen bekämpfen als Gepanzerte. Hinzu kommt dann noch, dass der Dreck an der Spitze Verwundungen verunreinigte und somit selbst nicht sofort tödliche Treffer, tödlich enden konnten.

Die Ausrüstung der Bogenschützen ging aber über den Bogen hinaus. Je nach Periode und finanziellen Möglichkeiten der Kriegsherren, wurden sie noch zusätzlich mit Dolch, Kurzschwert oder Axt und manchmal auch mit einem kleinen Schild, Buckler genannt, bewaffnet um sich doch noch im Nahkampf wenigsten gering verteidigen zu können. Beliebt bei den Feldherren war hier die Axt da diese handwerklich genutzt werden konnte und auch günstiger herzustellen war. Es sollte noch kurz gesagt sein, dass die Bogenschützen in England wesentlicher angesehener waren als in Frankreich. Ihre Statur wird als groß und sehr kräftig geschildert. Entgegen der landläufigen Meinung, waren die Menschen im "Mittelalter" nicht kleiner als heute. Die meisten Skelettfunde von Bogenschützen aus dem 100- Jährigen Krieg belegen, dass die Durchschnittsgröße 185 cm war. Ein großer Mann konnte den Bogen weiter spannen und somit auch weiter schießen.

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Entwicklung des Bogenschießen in anderen Ländern

Anders die Entwicklung in den Ländern in dem Holz ein eher rarer Rohstoff ist. Die Rede ist von den Steppenvölkern und den Stämmen des nahen Osten. Hier gab es weder die Menge noch die Auswahl an verschiedenen Hölzern und somit begann der Erfindungsreichtum der Menschen zu wirken. Um leistungsfähige Bögen zu erhalten wurden verschiedene Schichten von Materialien wie Holz, Horn, Sehnen, Rohhaut, etc. zusammen verleimt. Übrigens können die Klebstoffe von damals immer noch nicht zu 100 Prozent rekonstruiert werden. Die Verklebungen waren, entgegen einigen hartnäckigen Gerüchten, wasser- und temperaturbeständig ohne die Leistung des Bogens drastisch zu reduzieren. Um die Leistung noch weiter zu verbessern und auch den Bedürfnissen gerecht zu werden, wurde auch die Form angepasst. Neben der Rohstoffknappheit war da noch dass Reiten. Bei diesen Völkern war das Pferd ein sehr wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens und der Armee. Der Bogen musste über den Rücken bzw. Hals des Tieres bewegt werden um die Seite wechseln zu können und dennoch zielsicher und kraftvoll schießen. Diese Anforderung erforderte, dass er recht kurz und handlich wurde. Selbstverständlich wurde auch in diesen Ländern der Bogen zur Jagd eingesetzt.

Durch die Verbindung Bogen und Pferd in ihrem täglichen Leben entwickelten sich auch vollkommen andere Kriegstaktiken, die mit der Zeit immer mehr verfeinert wurden. Zum einem war da der Transport von Pfeilen. Um die Flexibilität und Geschwindigkeit der Pferde zu nutzen wurden hier Köcher mitgeführt. Bei den Mongolen waren es sogar bis zu drei Pfeilköcher pro Reiter. Hinzu kam noch ein Bogenköcher. Dieser wurde, nicht wie im heutigen Sprachgebrauch, für Pfeile, sondern für den Bogen benötigt. Man wollte wenn alle Pfeile verschossen waren, die Hände frei haben um mit dem Schwert und Schild weiter zu kämpfen. Eine Taktik der Wüstenstämme, die gegen die Kreuzritter eingesetzt wurde, war, parallel zu den feindlichen Reihen hintereinander vorbei zu reiten und dabei möglichst viele Pfeile abzuschiessen, um sich dann wieder hinter die eigenen Linie zu begeben. Dort wurden die Köcher wieder aufgefüllt und der Schütze schloss sich dann wieder hinten in der Reihe der Reitenden an. So entstand ein andauernder Pfeilbeschuss.

Eine andere Taktik war, gerade auf die Feindlinie zu zureiten und mehrere Pfeile in sehr schneller Reihenfolge auf einen Punkt abzuschiessen und dann mit Schwert und Schild durch die geschossene Presche zu stossen. Dies wurde durch eine bestimmte Haltung der Pfeile mit der Bogenhand erreicht. So konnte der Krieger 8-10 Pfeile in 5 Sekunden abschiessen.

Bei den Mongolen wurde, anders als in Europa, der Pfeil auf der rechten Seite des Bogens gelegt (Bogen war in der Linken). Auch wurde die Sehne nicht mit drei Fingen sondern mit dem Daumen meist mit einem Hornring gehalten. Beides hatte seine Gründe. Der Pfeil wurde von rechts geladen da rechts unten der Köcher war und so schneller geladen werden konnte. Bezüglich des Daumens wurde zum einem gesagt das er genau soviel Kraft hat wie drei Finger, zum andern ist die Bauform der Bögen dafür verantwortlich. Durch die kurzen Wurfarme der Reiterbögen ist die Umschliessung der Finger durch die Sehne viel höher und schneidert mehr in die Finger als es bei den Langbögen der Fall ist. Es ist also einfach angenehmer für die Finger.

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Das Ende der Bogenschützenära

Egal ob nun Reiterbogen oder englischer Langbogen, beide Arten haben ihre Vorteile und Berechtigung. Erwiesen ist, dass die Reiterbögen eine höhere Abschussgeschwindigkeit hatten als die europäischen Bögen. Dafür hatten die Langbögen mehr Reichweite und Durchschlagskraft. Beide waren jedoch hoch spezialisierte Waffen, die für ihre jeweilige Anwendung entwickelt und verbessert worden waren.

Das Ende der Bogenschützenära kam, wie bei allem, mit dem Fortschritt. Um sich besser zu schützen wurden immer mehr Ritter mit Vollrüstungen ausgestattet. Gegen solch gerüsteten Soldaten konnte ein einfacher Pfeilhagel, abgesehen von Zufallstreffern, nichts mehr ausrichten. Eine der ersten und einfachen Schutzvorrichtungen vor einem solchen Beschuss war übrigens neben einem Schild der Eisenhut der ca. 1350 entwickelt worden ist. Um die Stahlrüstungen durchschlagen zu können, wurden vermehrt Armbrüste und die ersten Feuerwaffen eingesetzt. Der Vorteil von den beiden Waffen war ihre einfache Bedienung, die auch notdürftig geschulte Kriegsknechte bedienen konnten. Ein richtiger Bogenschütze brauchte wie schon geschrieben, viel Übung und noch mehr Zeit für seine Ausbildung. Der weitere Vorteil von Feuerwaffen war die immer günstiger und schneller werdende Produktion des Schwarzpulvers und von Geschützen. Es konnte schneller mehr Munition produziert werden. Denkt man noch einmal an Crécy zurück wo 8.000 walisische Bogenschützen über mehrere Stunden das französische Heer unter Beschuss genommen hatte, kann man sich die Menge eigentlich nur erahnen.

Eine wichtige Rolle spielt hier aber nun auch die Religion. Wenn es nach dem Willen der Kirche gegangen wäre, hätte das Schwarzpulver verboten werden müssen. Doch durch den schwarzen Tod bei dem fast 2/3 der Menschen in Europa dahin gerafft worden waren, gab es nicht mehr genug Soldaten um die Machtansprüche der Kirche durchzusetzen. Ohne die Pest wäre der Einsatz von Feuerwaffen bestimmt noch einige Jahrzehnte verzögert worden. Nicht zuletzt dieser Entwicklung haben die Franzosen den Ausgang des Hundert Jährigen Krieges zu verdanken. Denn erst durch den Einsatz von Feuerwaffen hatten sie ein Mittel, das sie gegen die gut ausgebildeten englischen und walisischen Bogenschützen mit ihrem Langbögen einsetzen konnten.

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Das Vermächtnis der Bogenschützen

Das Vermächtnis oder besser gesagt die Auswirkungen der Zeit der Bogenschützen klingt auch heute noch nach. Im England zum Beispiel ist das Zeigen der meist rechten Hand mit dem Handrücken zum Gegenüber und das spielen mit dem Zeige- und Mittelfinger eine Beleidigung. Es ähnlich der deutschen "Langen Nase".

Der Ursprung dafür liegt bei den mittelalterlichen Bogenschützen. Wurde ein feindliches Heer besiegt, so wollte und konnte man die Soldaten nicht alle töten. Man brauchte sie ja noch für die Feldarbeiten in den nun neu eroberten Gebieten. Also wurden den besiegten Bogenschützen einfach die Finger zum Halten der Sehne abgehackt. So entstellt konnte man nie wieder einen Bogen spannen. Durch das Zeigen der Hand und dem Spielen mit dem Fingern wurde auf dem Schlachtfeld dem Gegner gezeigt, dass man selber noch die Finger hatte undverhöhnte ihn somit.

Wurde die Hand umgedreht und die Finger gut sichtlich gezeigt, hatte dies eine andere Bedeutung. War die eigene Partei siegreich und kehrte nach Hause zurück, konnte man von weiten schon zeigen: "Die Finger sind noch dran, wir waren siegreich". Einige sagen, dass so das erste Victory-Zeichen entstanden sei.

Der Ausdruck "etwas übers Knie zu brechen" soll aus dem überschnellen und falschen Spannen des Bogens herrühren, bei dem der Bogen zur Kraftverstärkung über das Knie gespannt wurde. Auch kommen Ausdrücke wie "Genau ins Schwarze getroffen", "Schuss ins Blaue" oder "Pfeilschnell" aus dieser Zeit. Zwar kommt die Metapher "Die Feder ist stärker als das Schwert" nicht von den Bogenschützen, hat aber in Bezug auf Feldschlachten, bei denen ich im Reenactment teilnehme, eine recht nette Aussage.

Fakt ist, dass Pfeil und Bogen auch "Der gefiederte Tod" genannt wurden und immer noch eine der effektivsten Waffen der Menschheit sind. Auch wenn sie an Bedeutung und Sinn im stetigem Wandeln verloren haben. Heute werden sie in der westlichen Welt eigentlich nur noch als Sportgerät oder als Entspannungsfinder eingesetzt. Dennoch haben sie nichts an Faszination verloren und jeder der einmal einen Bogen gespannt und ein paar Pfeile geschossen hat möchte am liebsten nicht mehr damit aufhören. Ich für meinen Teil freue mich immer wenn ich die Gelegenheit bekomme ein paar Pfeile zu schießen oder mit Gleichgesinnten auf den Märkten oder dem Parcour Fachgespräche zu führen.

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